Eingliederungsvereinbarung § 15 SGB II Bürgergeld

Rechtsanwalt Till Win
Königin-Elisabeth-Str. 58, 14059 Berlin
Tel. 303 28 503 / E-Mail: ra.win[at]t-online.de

(1) Die Agentur für Arbeit soll unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung erforderlichen persönlichen Merkmale, berufliche Fähigkeiten und die Eignung feststellen (Potenzialanalyse). Die Feststellungen erstrecken sich auch darauf, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird. Tatsachen, über die die Agentur für Arbeit nach § 9a Satz 2 Nummer 2 des Dritten Buches unterrichtet wird, müssen von ihr nicht erneut festgestellt werden, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich eingliederungsrelevante Veränderungen ergeben haben.
Gesetzestext weiterlesen

(2) Die Agentur für Arbeit soll  im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person unter Berücksichtigung der Feststellungen nach Absatz 1 die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). In der Eingliederungsvereinbarung soll bestimmt werden,
1.
welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit nach diesem Abschnitt die leistungsberechtigte Person erhält,
2.
welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen sollen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind,
3.
wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Eingliederungsprozess einbezogen werden.
Die Eingliederungsvereinbarung kann insbesondere bestimmen, in welche Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die leistungsberechtigte Person vermittelt werden soll.
(3) Die Eingliederungsvereinbarung soll regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden. Bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen. Soweit eine Vereinbarung nach Absatz 2 nicht zustande kommt, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden.
(4) In der Eingliederungsvereinbarung kann auch vereinbart werden, welche Leistungen die Personen erhalten, die mit der oder dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Diese Personen sind hierbei zu beteiligen.

Eine Eingliederungsvereinbarung (EV) soll die Verpflichtungen des Leistungsempfängers und die Verpflichtungen des Jobcenters schriftlich festhalten. Der Leistungsempfänger ist nicht verpflichtet eine EV zu unterschreiben. Die Weigerung eine EV zu unterschreiben darf nicht sanktioniert werden. In Falle der Weigerung darf die EV durch Verwaltungsakt einseitig vom Jobcenter festgesetzt werden, gegen diese EV durch Verwaltungsakt ist dann der Widerspruch zulässig. Eine Sanktion die auf einen Verstoß gegen eine Verpflichtung aus einer Eingliederungsvereinbarung gestützt wird, ist nur rechtmäßig, wenn die zugrundeliegende Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig ist.

Hier einige interessante Urteile, welche die Eingliederungsvereinbarung betreffen.

Eine Eingliederungsvereinbarung ist nur dann rechtmäßig, wenn das Jobcenter angemessene Gegenleistungen erbringt. Als angemessene Gegenleistung für die verlangten Eigenbemühungen wird in der Regel die Übernahme der erforderlichen Bewerbungskosten anzusehen sein. Der Antragsgegner hat aber eine entsprechende Zusage nicht erteilt, sondern sich insoweit eine Ermessensausübung vorbehalten. Das reicht jedoch für die Wirksamkeit einer Eingliederungsvereinbarung nicht aus (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17. Juni 2013 – L 7 AS 332/13 B ER –, juris).

Legt der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt die Pflichten des Hilfebedürftigen im Einzelnen fest, und darin u. a. den Nachweis einer konkreten Anzahl von Bewerbungsbemühungen, so muss er gleichzeitig zu den vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden Kosten konkrete Ausführungen enthalten.  (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 7 AS 2193/12 B ER, L 7 AS 2194/12 B –, juris).

Eine aufgrund nicht nachgewiesener Eigenbemühungen verhängte Sanktion setzt eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung voraus. Diese verlangt, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot erfolgt und dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus seinem Verhalten folgen (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Mai 2013 – L 19 AS 434/13 B ER –, juris).

Ein Verwaltungsakt der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt, ohne dass erfolglose Verhandlungen vorausgegangen wären, ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig und kann damit nicht Grundlage für eine Sanktion sein (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18. November 2008 – L 11 AS 421/08 NZB –, juris; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27. August 2012 – L 6 AS 129/09 –, juris; BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 195/11 R –, juris).

Die Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakts, mit dem der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat, ergibt sich hier aus der Tatsache, dass der Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgabe ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer von zehn Monaten angeordnet hat (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 195/11 R –, juris).

Die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB 2 hindert nicht die materielle Überprüfung der Sanktionswürdigkeit des Verhaltens. Im Widerspruch gegen einen ergangenen Sanktionsbescheid ist regelmäßig auch ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB 10 zu sehen (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – L 7 AS 836/13 B –, juris).

Aus der Sicht eines objektiven Adressaten in der Position der Antragstellerin wären die erklärte Zustimmung und der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung, mit der durch sie begründeten Verpflichtung, an einer Maßnahme teilzunehmen und dies auch nachzuweisen, widersinnig, wenn die Erfüllung der Verpflichtung den Verlust des Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II zur Folge hätte. Von einem Auszubildenden, der keine Leistungen nach dem SGB II erhält und die Kosten der Ausbildung selbst trägt, darf der Träger der Grundsicherung keine Nachweise über die Teilnahme an der Ausbildung verlangen. Wird der Auszubildende allerdings wie die Antragstellerin dazu durch eine Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, so muss er dies so verstehen, dass die Pflicht deshalb besteht, weil ihm auch während der Ausbildung weiter Leistungen nach dem SGB II gewährt werden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.12.2012 – L 34 AS 3550/12 B ER, juris; SG Kassel, Urteil vom 13. März 2013 – S 6 AS 854/10 –, juris)