LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Oktober 2016 – L 31 AS 1774/16, Unwirksamkeit der Aufrechnung seitens Jobcenter mit Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich Anwaltsgebühren

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, den Kläger vom Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren (W 96 202-03769/15) in Höhe von 380,80 Euro freizustellen.

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Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Danach kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Zwar hat der Beklagte über den Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens, allerdings ohne eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwaltes zu treffen – bereits mit Verwaltungsakt (Abhilfebescheid vom 10. September 2015) dem Grunde nach entschieden. Vorliegend wendet sich der Kläger aber nicht gegen den Abhilfebescheid vom 10. September 2015, sondern begehrt die Freistellung von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten (in Höhe von 380,80 Euro), den der Beklagte der Höhe nach als angemessen anerkannt hat und bezüglich dessen er die Zuziehung eines Bevollmächtigten konkludent auch für notwendig erklärt hat (vgl. § 63 Abs. 2 SGB X), indem er mit Schreiben vom 18. September die „Erstattungsfähigkeit der beantragten Kosten“ „in voller Höhe anerkannt“ und die Aufrechnung gegen den „sich zugunsten des Mandanten ergebenden Kostenerstattungsanspruch“ erklärt hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 137/08 R, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 12). Da der Kläger den Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten bisher nicht erfüllt hat, geht das SG auch zutreffend von einem Freistellungsanspruch anstelle eines Leistungsanspruchs aus. In dem Klagebegehren kann nicht gleichzeitig die Erhebung einer Anfechtungsklage gesehen werden, da der Beklagte die Aufrechnung nicht durch Verwaltungsakt verfügt hat. Das diesbezügliche Schreiben des Beklagten vom 18. September 2015 enthält allein eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung und kann auch nicht als Formverwaltungsakt verstanden werden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. September 2006, B 4 R 71/06 R, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 19, 20).

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Wie das SG ebenfalls zu Recht festgestellt hat, ist vorliegend der Kläger, nicht dagegen sein Bevollmächtigter aktivlegitimiert. Nur der Kläger ist Inhaber des Anspruchs aus § 63 SGB X gegenüber dem Beklagten. Grundsätzlich steht der Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 SGB X nur dem Widerspruchsführer gegen den Beklagten zu (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2010, B 11 VL 24/08 R, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 14). Bei diesem Aufwendungsersatzanspruch handelt es sich nicht um einen Anspruch, den ein Rechtsanwalt im eigenen Namen gegenüber der Widerspruchsbehörde geltend machen kann. Die Voraussetzungen des § 9 Satz 2 BerHG, wonach der Anspruch auf die Vergütung des Rechtsanwalts auf diesen übergeht, wenn der Gegner verpflichtet ist, die Kosten der Wahrnehmung seiner Rechte zu ersetzen, liegen nicht vor. Denn dem Kläger ist Beratungshilfe (jedenfalls bisher) nicht gewährt worden. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens auch nicht an seinen Bevollmächtigten abgetreten.

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Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X liegen hier vor, wie das SG zu Recht festgestellt hat. Der Widerspruch des Klägers war im Ergebnis in vollem Umfang erfolgreich; mit Abhilfebescheid vom 10. September 2015 wurde der Sanktionsbescheid vom 6. August 2015 aufgehoben und dem Kläger für den Monat September 2015 ein Betrag von 119,70 Euro zur Zahlung angewiesen. Der Beklagte hat auch eine Kostengrundentscheidung getroffen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen, zu denen hier allein die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts gehören, mit 380,80 Euro festgesetzt. Auch wenn der Kostenfestsetzung keine vollständige Kostengrundentscheidung vorausgegangen ist, weil es an der Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten fehlt, ist anerkannt, dass eine Kostenentscheidung – sogar insgesamt – ausnahmsweise entbehrlich ist, wenn ein Kostenanerkenntnis im Gerichtsverfahren vorliegt; für das Widerspruchsverfahren gilt nichts anderes (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2000, B 6 KA 7/08 R, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 14). Ein solches Kostenanerkenntnis hat der Beklagte mit Schreiben vom 18. September 2015 an den Bevollmächtigten abgegeben, indem er die mit Kostennote vom 15. September 2015 beantragten Kosten in Höhe von 380,80 Euro in voller Höhe anerkannt hat. Durch dieses betragsmäßig bezifferte Kostenanerkenntnis ist der Erstattungsanspruch entstanden.

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Der Kläger hat auch eine Abrechnung betreffend Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts erhalten, so dass auch den Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern könne, Genüge getan ist (vgl. dazu, dass auch eine an die Behörde adressierte Gebührenrechnung ausreichend ist: BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 60/13 R, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 17).

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Soweit dem Kläger bislang noch keine Kosten entstanden sind, die „erstattet“ werden könnten, weil er (noch) keine Zahlungen an seinen Bevollmächtigten geleistet hat, hindert dies das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 SGB X nicht. Denn die Vorschrift setzt eine tatsächliche Leistung des einer Vergütungsforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzten Mandanten nicht voraus. Es handelt sich bei dem Anspruch aus § 63 SGB X um einen verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der allein aus einer behördlichen Kostengrundentscheidung folgt und in einem Kostenfestsetzungsverfahren beziffert wird. Dieser Kostenerstattungsanspruch wird erst dann zu einem Zahlungsanspruch des Kostengläubigers, wenn dieser die Vergütungsforderung aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit seinem Bevollmächtigten (§§ 670, 675 BGB) getilgt hat. Dies ist hier aber nicht der Fall gewesen. Ohne die Vorschrift des § 63 SGB X würde eine materielle Regelung über die Pflicht zur Erstattung der Kosten und deren Festsetzung in dieser Konstellation fehlen (vgl. Mutschler, in Kasseler Kommentar, § 63 SGB X, Rdnr. 2 f.). Insoweit muss es somit ausreichen, wenn der Erstattungsgläubiger – wie hier – einer Honorarforderung des Rechtsanwalts tatsächlich ausgesetzt ist (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Mai 2009, L 1 AL 13/08, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 34).

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Der Erstattungsanspruch ist hier auch nicht entsprechend § 389 BGB dadurch erloschen, dass der Beklagte mit Erstattungsforderungen in einer die Vergütungsforderung des Bevollmächtigten übersteigenden Höhe entsprechend § 387 BGB aufgerechnet hat.

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Die entsprechende Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff. BGB, soweit die §§ 51, 52, 57 Abs. 2 SGB I nichts anderes vorgeben, ist in der Rechtsprechung geklärt. Auch dass die Aufrechnung gegen den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht durch Verwaltungsakt erfolgt ist, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen. Soweit das BSG für Sozialleistungsansprüche davon ausgegangen war, dass die Aufrechnung nach § 51 SGB I bzw. die Verrechnung nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat (vgl. BSGE 45, 271; 78, 132), betrifft dies die hier streitgegenständliche Aufrechnung ebenso wenig wie Entscheidungen des Großen Senats des BSG (Beschluss vom 31. August 2011, GS 2/10, BSGE 109, 81) zur Verrechnung gemäß § 52 SGB I. Dass er mit seiner Entscheidung nicht von Entscheidungen des BGH, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs, die bei der einseitigen Ausübung der Aufrechnung die Rechtsnatur als öffentlich-rechtliche Willenserklärung bestimmen, abweicht, hat der Große Senat des BSG ausdrücklich festgestellt (vgl. Beschluss vom 31. August 2011, GS 2/10, veröffentlicht auch in juris, dort Rdnr. 19). Insoweit ist die vom Beklagten erklärte Aufrechnung als solche unabhängig davon wirksam, ob sie als öffentlich-rechtliche Willenserklärung oder als Verwaltungsakt hätte ergehen müssen. Dass der Wirksamkeit der Aufrechnung hier auch sozialrechtliche Vorschriften (§ 43 Abs. 2 SGB II, §§ 51, 54 SGB I) nicht entgegenstehen hat das SG zu Recht festgestellt, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird.

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Wie das SG unter Bezugnahme auf das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 6. Mai 2015 (L 6 AS 288/13, veröffentlicht in juris) ebenfalls zu Recht festgestellt hat, hat die vom Beklagten gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 18. September 2015 erklärte Aufrechnung hier nicht zum Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs geführt, weil es an der erforderlichen Aufrechnungslage fehlt. Für die Wirksamkeit einer Aufrechnung ist gemäß § 387 BGB erforderlich, dass der Schuldner die ihm gebührende Leistungen fordern und die ihm obliegende gleichartige Leistung bewirken kann. Mit den jeweils auf Zahlung gerichteten Erstattungsforderungen des Beklagten aus den bestandskräftigen Erstattungsbescheiden vom 6. Juni 2013, 10. Juli 2014 und 5. Juni 2015 konnte nicht gegen den Kostenerstattungsanspruch des Klägers aufgerechnet werden. Zwar handelt es sich um gegenseitige Forderungen, nicht aber um nach § 387 BGB vorausgesetzte gleichartige Forderungen.

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Während es sich bei den Erstattungsforderungen des Beklagten um Zahlungsansprüche handelt, stellt sich der Anspruch des Klägers aus § 63 SGB X als Freistellungsanspruch dar, gegen den – nach der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des BGH, gegen deren Übernahme keine Bedenken bestehen, – wegen fehlender Gleichartigkeit der Ansprüche eine Aufrechnung unzulässig ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009, IX ZR 135/08, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 3; Urteil vom 6. Juli 1977, IV ZR 17/76, veröffentlicht in juris dort Rdnr. 51; vgl. auch Palandt/Grüneberg, § 387 BGB, Rdnr. 10). Die Zulässigkeit der Aufrechnung kann auch nicht damit begründet werden, dass der Befreiungsschuldner – hier der Beklagte – wie in aller Regel zur Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers in der Regel auch eine Zahlung in Geld leisten muss, allerdings an einen Dritten. Voraussetzung für eine Aufrechnung ist gemäß § 387 BGB, dass zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind. Die Ungleichartigkeit gründet sich auch darauf, dass der Freistellungsanspruch auf ein Tun, auf eine ersetzbare Handlung gerichtet ist und deshalb nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1983, VI ZR 285/81, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 9). Der Schuldner eines Freistellungsanspruchs hat nämlich mehrere Möglichkeiten, sich von seiner Schuld zu entlasten: Hauptsächlich zwar durch Bezahlung der Forderung (§ 267 BGB), aber auch durch private Übernahme der Hauptschuld (hier Vergütungsforderung des Bevollmächtigten), durch Abschluss eines Erlassvertrages mit dem Gläubiger der Hauptforderung etc. Daraus folgt, dass der Befreiungsanspruch auf ein Tun gerichtet ist, weil man dem Befreiungsschuldner nicht vorschreiben kann, welche dieser Möglichkeiten er befolgen soll. Dass der Freistellungsanspruch im Übrigen hier auch wirtschaftlich nicht mit der Hauptforderung übereinstimmt, zeigt auch die Tatsache, dass im vorliegenden Fall bei einer Zahlung der Anwaltsvergütung durch den Kläger selbst dieser die Kosten, die durch seine Zahlung entstehen würden, tragen müsste; sie wären nicht von dem Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X umfasst.

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Ob sich der Freistellungsanspruch des Klägers aus einer – analogen – Anwendung des § 257 BGB, wonach derjenige, der berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen kann, ergibt (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015, a.a.O., Rdnr. 27; a. A. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. März 2013, L 19 AS 85/13, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 51 bis 53), kann dahinstehen. Denn jedenfalls umfasst die Pflicht des Beklagten zur Erstattung der Kosten und deren Festsetzung nach § 63 SGB X für den Fall, dass er nicht durch Zahlung der Vergütung durch den Gläubiger des Kostenerstattungsanspruchs erfüllt worden ist, einen Freistellungsanspruchs von den diesen Kosten. Denn ansonsten müsste der Widerspruchsführer erst die Vergütungsforderung aus §§ 670, 675 erfüllen, bevor er Aufwendungsersatz verlangen könnte. Dies ist aber gerade keine Voraussetzung des Anspruchs aus § 63 SGB X.

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Auf die Frage, ob die Aufrechnung hier auch wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unwirksam sein könnte, kommt es hiernach nicht an. Dies ließe sich allerdings vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es für den hier infrage stehenden Personenkreis der Arbeitslosengeld II-Bezieher jedenfalls ohne Geltendmachung von Beratungshilfe nach dem BerHG schwieriger sein dürfte einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, bevor nicht geklärt ist, ob einem eventuellen Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X etwaige Erstattungsforderungen der Jobcenter gegenüberstehen, durchaus bedenken.

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Auch die Unterscheidung zwischen einerseits materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen und andererseits verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen führt nicht zur Wirksamkeit der Aufrechnung. Während der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch auf einer materiell-rechtlichen Grundlage (hier: unerlaubte Handlung der sich nicht rechtmäßig verhaltenden Behörde und daraus resultierender Schadensersatzanspruch, vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 63 Rdnr. 8) beruht und ohne vorherige Kostenentscheidung geltend gemacht werden kann, folgt ein verfahrensrechtlicher Kostenerstattungsanspruch, wie hier aus § 63 SGB X, dem Grunde nach aus einer behördlichen Kostenlastenentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999, 13 RJ 23/99 R, veröffentlicht in juris; BGH, Urteil vom 24. April 1990, VI ZR 110/89, veröffentlicht in juris). Aber auch bei einem schadensersatzrechtlichen, auf Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB gerichteten „primären“ Freistellungsanspruch (Belastung mit einer Verbindlichkeit, hier Vergütung des Bevollmächtigten des Klägers, als Schaden) ist eine Aufrechnung unwirksam. Denn auch im Rahmen der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB steht es dem Befreiungsschuldner – hier dem Beklagten – frei, wie er die Freistellung konkret bewirkt (so zutreffend LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015, a.a.O., Rdnr. 30). Entscheidend ist nur, dass das geschuldete Ergebnis, die Befreiung von der Verbindlichkeit eintritt, woran es jedoch bei einem bloßen Kostenanerkenntnis fehlt, weil der Bevollmächtigte nach wie vor die Vergütung von seinem Mandanten fordern kann, wie das LSG Rheinland-Pfalz zu Recht ausgeführt hat (a.a.O., ebenfalls Rdnr. 30).

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Auf ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Freistellungsanspruch aus § 63 SGB X aus den fälligen Erstattungsforderungen kann sich der Beklagte nicht berufen. Wie das LSG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 6. Mai 2015 ebenfalls zu Recht festgestellt hat, verlangt § 273 BGB als Voraussetzung für die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, dass der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Gegenanspruch gegen den Gläubiger hat, das Erfordernis der Konnexität der Ansprüche ist nach der Zweckbestimmung des § 273 BGB weit auszulegen. Es genügt, dass zwischen den Ansprüchen ein natürlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang aufgrund eines innerlich zusammenhängenden, einheitlichen Lebensverhältnisses besteht, so dass es dem Gebot von Treu und Glauben widerspräche, wenn der eine Anspruch ohne den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte. Im Fall des Freistellungsanspruchs sind sowohl die Interessen des Klägers als auch des beauftragten Bevollmächtigten gegen das Interesse des Beklagten an einer Erfüllung der Erstattungsforderung abzuwägen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die gegenseitigen Forderungen aufgrund des Sozialleistungsverhältnisses zwischen den Beteiligten entstanden sind, stehen die Erstattungsansprüche und der Freistellungsanspruch nicht in einem Zusammenhang, der eine isolierte Durchsetzung des einen Anspruchs ohne Rücksicht auf den Gegenanspruch unbillig erscheinen ließe.

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