Bürgergeld – Selbständige Leistungsbezieher

Rechtsanwalt Till Win
Königin-Elisabeth-Str. 58, 14059 Berlin
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Wenn Sie als Selbstständiger Probleme mit dem Jobcenter wegen dem Bürgergeld haben und Sie anwaltliche Unterstützung benötigen, freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme.

Bei selbstständigen Leistungsbeziehern kommt es häufig zu Problemen mit dem Jobcenter beim Bürgergeldbezug. Da Selbstständige in der Regel über schwankendes Einkommen verfügen, erfolgt der Bürgergeldbezug grundsätzlich durch eine vorläufige Bürgergeldbewilligung für sechs Monate aufgrund einer geschätzten vorläufigen EKS und einer abschließenden Leistungsfestsetzung nach Ablauf des vorläufigen Leistungszeitraums anhand einer abschließenden EKS gem. § 41a SGB II.

Ermittlung des Einkommens von Selbstständigen ist in § 3 der Bürgergeld-Verordnung geregelt. Zu beachten ist, dass Im Bürgergeld-Recht gem. § 3 Abs. 3 Bürgergeld-Verordnung anders als im Steuerrecht nicht sämtliche betrieblichen Ausgaben abgesetzt werden können.

§ 3 Abs. 3 Bürgergeldverordnung lautet:

„(3) Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für Ausgaben, soweit zu deren Finanzierung andere Darlehen verwandt werden.“

Häufige Streitpunkte in der Praxis sind:

-Abschließende Nullfestsetzung und Erstattung wegen nicht eingereichter Unterlagen

-Nichtanerkennung bestimmter Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung

-Streit im Rahmen der vorläufigen Bewilligung hinsichtlich der Einkommensprognose (vorläufige EKS)

Auszüge aus einigen interessanten Urteilen:

-§ 3 Abs. 3 Alg II-VO gibt dem Beklagten zwar die Befugnis, tatsächlich entstandene Betriebsausgaben bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens aus selbständiger Tätigkeit unberücksichtigt zu lassen, Maßstab für eine solche Vorgehensweise ist jedoch nach Wortlaut und Zweck eine Missbrauchsabwehr: Es soll verhindert werden, dass die Hilfebedürftigkeit über ein offensichtlich unangemessenes Ausgabeverhalten aufrechterhalten wird (SG Berlin, Urteil vom 28. November 2014 – S 37 AS 11431/14 –, Rn. 14).

-Die Schätzung nach § 3 Abs. 6 ALG II-V ist kein Ermessensvorgang, sondern gerichtlich voll überprüfbar. Dabei muss die durchgeführte Schätzung schlüssig, wirtschaftlich möglich sein und der tatsächlichen Situation möglichst nahe kommen. (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.10.2010 – L 5 AS 200/10 B ER; Geiger, ALG II, 2012 S. 383; ders., in: LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 11, Rn. 60.). Daraus folgt, dass eine Schätzgrundlage aus den wesentlichen zur Verfügung stehen Erkenntnisquellen gewonnen werden muss. Auf dieser Basis muss eine Einkommensermittlung möglichst in der gleichen Weise geschehen wie eine Einkommensberechnung aufgrund konkreter, prüffähiger Daten für den Bewilligungszeitraum (SG Aachen, Urteil vom 18. Februar 2014 – S 14 AS 921/13 –, Rn. 17).

-Liegt aber eine teilweise private (Wohnraum-)Nutzung von Geschäftsräumen vor, können die anteiligen Kosten, die auf die private Nutzung entfallen, übernommen werden. Dies gilt auch wenn der Geschäftsraum nicht über ein Bad oder eine Küche verfügt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Januar 2015 – L 1 AS 5292/14 ER-B –, Rn. 27, juris).

-Ein horizontaler Verlustausgleich innerhalb der selben Einkunftsart gem. § 5 ALG II VO ist zulässig (SG Dresden, Urteil vom 14.02.2014 – S 21 AS 6348/10)

-Die Fahrkosten des Klägers sind – anders als vom SG mit seiner Bezugnahme auf § 3 Abs 7 Alg II-V 2009 offenbar angenommen – allenfalls zum Teil als „Betriebsausgaben“ von seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit absetzbar. Bei den hier in Betracht kommenden Fahrten des Klägers zu den einzelnen Trainingsstätten greift die og Regelung des § 3 Abs 2 S 1 Alg II-V 2008/2009, nach der Betriebsausgaben nur solche Ausgaben sein können, die nicht zugleich nach § 11 Abs 2 SGB II aF als „mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben“ zu berücksichtigen sind. Zu den mit der Erzielung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit verbundenen notwendigen Ausgaben nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB II aF gehören jedoch die regelmäßigen Fahrten von der Wohnung zur „Betriebsstätte“ und zurück. Diese Fahrten sind also, obwohl es sich auch um Betriebsausgaben handelt, dem „privaten Bereich“ zuzuordnen und gelten regelmäßig als von dem pauschalen Absetzbetrag nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF (mit)erfasst (BSG, Urteil vom 05. Juni 2014 – B 4 AS 31/13 R –, SozR 4-4225 § 3 Nr 5, Rn. 23).

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