Hartz 4-Sanktionen (Jobcenter)

Bürgergeld / Hartz 4-Recht / SGB II-Recht / Jobcenter-Recht 

Sanktionen / Kürzungen / Minderungen durch das Jobcenter

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 05.11.2019 erfreulicherweise entschieden, dass Sanktionen die mehr als 30 Prozent des Regelsatzes ausmachen verfassungswidrig sind. Auch die starre Sanktionsdauer von drei Monaten wurde für verfassungswidrig erklärt.

Die seit dem Jahr 2004 andauernde und teilweise existenzvernichtende Sanktionspraxis der Jobcenter wurde damit endlich beendet. Es können zwar noch immer Sanktionen von den Jobcentern ausgesprochen werden, aber die Eingriffsintensität ist nunmehr sehr stark abgeschwächt.

Mit der Bürgergeldreform wurde das gesetzliche Sanktionssystem überarbeitet und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf bundesgesetzlicher Ebene umgesetzt.

Meldeversäumnisse werden nunmehr jeweils mit einer  Minderung i.H.v. 10 Prozent des Regelbedarfes geahndet. Die Sanktionsdauer beträgt nur noch einen Monat, § 32 SGB II.

Sanktionen die wegen anderen Gründen als Meldeversäumnissen ausgesprochen werden erhöhen sich bei wiederholten Pflichtverletzungen. Bei der ersten Pflichtverletzung beträgt die Minderungshöhe 10 Prozent des Regelsatzes für die Dauer von einem Monat. Bei der ersten  wiederholten Pflichtverletzung beträgt die Minderungshöhe 20 Prozent des Regelsatzes für die Dauer von zwei Monaten. Bei der zweiten wiederholten Pflichtverletzung beträgt die Minderungshöhe 30 Prozent des Regelsatzes für die Dauer von drei Monaten.

Ich empfehle grundsätzlich gegen Sanktionsbescheide anwaltlich vorzugehen, da die Erfolgsquote im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren erfahrungsgemäß relativ hoch ist.

Selbst wenn Sie Ihre Pflichten tatsächlich verletzt haben sollten, sind viele Sanktionsbescheide dennoch aus formalen Gründen angreifbar und aufzuheben. Selbst alte Sanktionsbescheide können noch ein bis zwei Jahre rückwirkend gem. § 44 SGB X überprüft und aufgehoben werden. Die einbehaltenen Leistungen werden im Erfolgsfall dann nachträglich noch ausgezahlt.

Anbei eine Auflistung häufiger Jobcentersanktionen und diesbezügliche häufige Fehler der Jobcenter:

– Sanktionen wegen Meldeversäumnissen
– Sanktionen wegen Verstößen gegen die Bewerbungsbemühungen
– Sanktionen im Zusammenhang mit einem      Vermittlungsvorschlag
Sanktion nach einer Maßnahmezuweisung
– trotz Nichterhalt des Sanktionsbescheids
– wegen Pflichtverletzungen, welche bereits mehr als 6 Monate zurückliegen
– trotz unwirksamer Eingliederungsvereinbarung
– wiederholter Pflichtverstöße
– trotz Krankschreibung
Verfassungswidrigkeit von Sanktionen i.H.v. 30 Prozent und mehr?

Bitte beachten Sie, dass die Widerspruchsfrist nur einen Monat beträgt. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist kann zwar wie gesagt noch ein sogenannter Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X gestellt werden, allerdings sollte falls möglich stets rechtzeitig Widerspruch erhoben werden.

Anbei noch einige interessante Presselinks zum Thema Hartz-4 Sanktionen:

https://www.bz-berlin.de/deutschland/hartz-iv-empfaenger-sollen-strafarbeit-machen

https://www.bz-berlin.de/berlin/mueller-will-hartz-iv-sanktionen-fuer-kinder-abschaffen

https://www.bz-berlin.de/berlin/mehr-strafen-fuer-hartz-iv-empfaenger-10-000-faelle-pro-monat-in-berlin

https://www.bz-berlin.de/deutschland/175-millionen-euro-strafe-fuer-hartz-iv-empfaenger

https://www.welt.de/politik/deutschland/article164760431/Fast-40-Prozent-der-Hartz-IV-Klagen-erfolgreich.html