Rechtsanwalt Till Win
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Nicht selten verhängt die Agentur für Arbeit im Rahmen der ALG I-Bewilligung eine zwölf wöchige Sperrzeit gegen den Arbeitnehmer wegen pflichtwidriger Arbeitsaufgabe.
Pflichtwidrige Arbeitsaufgabe
Sie dürfen grundsätzlich nicht aktiv an der Beendigung eines zumutbaren Arbeitsverhältnisses mitwirken § 159 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 2 Abs. 5 SGB III. Die bloße Hinnahme einer betriebsbedingten Kündigung ist daher grundsätzlich zulässig.
Häufige Sperrzeiten
12 wöchige Sperrzeiten werden daher häufig in folgenden Situationen verhängt:
-Sperrzeit wegen Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer
–Sperrzeit wegen fristloser verhaltensbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber
-Sperrzeit wegen Abschluss eines Aufhebungsvertrages
Allerdings darf keine Sperrzeit verhängt werden, wenn ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorlag.
Sperrzeitverkürzung
Die Dauer der Sperrzeit verkürzt sich von zwölf Wochen auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
Die Dauer der Sperrzeit verkürzt sich von zwölf Wochen auf sechs Wochen, wenn
a) das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b) eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
Wichtiger Grund:
– Hat der Arbeitslose die Kündigung im Vertrauen auf ein zuvor geführtes Bewerbungsgespräch ausgesprochen, in dem ihm die feste Übernahmeabsicht zugesichert wurde für den Fall, dass er sich bewährt, so ist ihm der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht mit dem erforderlichen Verschuldensmaßstab vorzuwerfen (Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 01. Februar 2012 – L 2 AL 49/09 –, juris).
– Auch der Umzug eines alleinerziehenden Elternteils zu einem minderjährigen Kind zwecks Wahrnehmung seines Erziehungsrechts gegenüber diesem Kind kann ein „wichtiger Grund“ iS des Sperrzeitrechts sein. Eine andere Beurteilung würde zu einer Verletzung des Elternrechts von alleinerziehenden Personen (Art 6 Abs 2 GG) und zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitslosen mit Partnern führen (SG Berlin, Urteil vom 13. Januar 2012 – S 70 AL 4653/10).
– Eine schwangere Arbeitnehmerin, die wegen Schwangerschaftskomplikationen und drohender Fehlgeburt ihr Beschäftigungsverhältnis durch Aufhebungsvertrag löst, um zum Kindsvater zu ziehen, damit dieser sie entlasten und unterstützen kann, hat einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe (SG Dortmund, Urteil vom 27. Februar 2012 – S 31 AL 262/08).
-Der Arbeitslose hat einen wichtigen Grund für die Lösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses, wenn mit dem Wechsel in ein anderes Berufsfeld eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten verbunden ist (BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 55/05 R).
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist zudem nur Sperrzeitrelevant, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers für die Arbeitslosigkeit bzw. die Kündigung ursächlich war. Es reicht aber nicht ein bloßer tatsächlicher Zusammenhang, vielmehr ist maßgeblich, ob die Kündigung des Arbeitgebers zu Recht ausgesprochen wurde, also arbeitsrechtlich wirksam ist. Diese Frage haben die Bundesagentur und die Sozialgerichte eigenständig zu prüfen, wobei sich die Prüfung nur am materiellen Recht, nicht aber an verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Arbeitsrechts (z. B. Kündigungsfrist, Schriftform, Betriebsratsanhörung etc.) auszurichten hat (LSG Baden-Württemberg, aaO, juris – Rn. 29, SG Mannheim, Urteil vom 12. Dezember 2011 – S 10 AL 3314/11 –, juris); sie sind nicht an etwaige arbeitsgerichtliche Entscheidungen oder an vor den Arbeitsgerichten abgeschlossene Vergleiche gebunden (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Januar 2012 – L 11/12 AL 139/08).